Der gläserne Mensch

Natur oder Kultur?

Die Psychologie ist die Wissenschaft der empirischen Wahrnehmung menschlicher Verhaltensweisen. Als soziale Wesen sind wir enormen verhaltensbildenden Kräften ausgesetzt. Die Konditionierung beginnt bei der Geburt durch die Familie, die soziale Schicht, die nationale Mentalität und die allgemein vorherrschende politische und religiöse Ideologie und Kultur.

„Leben“ hat aber immer auch damit zu tun, den eigenen Standpunkt zu definieren und zu behaupten. Jedoch sind kulturelle und soziale Prägungen oftmals so stark, dass das Individuum sich außerstande sieht, diesen exogenen Kräften etwas entgegenzuhalten. So können, speziell in der frühen Kindheit erlittene, Traumata nachhaltige Verhaltensstörungen nach sich ziehen.

Da die Gesellschaft meistens militant hierarchisch strukturiert ist und der Individuationsprozess tendenziell anarchistisch ist, wird Konditionierung meistens als Einschränkung der Potentiale erlebt und nicht als Erweiterung. Menschliches Erleben ist ja ein Wachstumsprozess und daher strebt das Individuum notwendigerweise nach der Emanzipation von den alten Prägungen. Eigenständigkeit wird aber oft vermieden aus Angst vor der sozialen Isolation.

Wenn die Kluft zwischen gelebter Fremdbestimmtheit und Sehnsucht nach Selbstbestimmtheit extrem wird, entsteht die Krise, die zugleich die Chance auf Selbstverwirklichung bietet und die Katastrophe der sozialen Ächtung in Kauf nimmt. Im Human Design System werden in dieser Hinsicht vor allem die offenen Bereiche im Chart betrachtet, weil hier das Potential der Verwirrung dazu führen kann, dass fremde Lösungen unhinterfragt angenommen werden, welche niemals authentisch sein können und daher auch nicht wirklich befriedigend sind. Übernommene Vorstellungen regieren dann das Leben, Selbstentfremdung und Neurosen entstehen anstatt Selbstliebe und Neugier.

Klassische psychologische Tests werden ja aus dem subjektiven Blick des Menschen erstellt und sind daher – aus HDS-Perspektive – per definitionem beschränkt in ihrer Aussage. Die moderne Psychologie verwendet außerdem vor allem statistische Methoden zur Erkennung der individuellen Abweichung von der gesellschaftlichen Norm und schlägt zur Verbesserung des Zustandes auch zumeist übergeordnete systemische Methoden der sozialen Anpassung vor.

Psychologische Phänomene werden im Human Design hingegen nie moralisierend oder pathologisierend, sondern aus einer umfassenden, neutralen und wertfreien Perspektive betrachtet und daher kann das Human Design die subjektive Wahrnehmung des Individuums wesentlich erweitern und ermöglicht einen ganzheitlichen Perspektivenwechsel.